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Mit Kinderspielzeug die Klimakatastrophe abwenden

Kaum hatten vor einigen Wochen auch deutsche Behörden die freie Fahrt für E-Roller erlaubt, wünscht man sich Land auf, Land ab unter allen Verkehrsteilnehmern fast täglich Hals und Beinbruch. Speziell beim links abbiegen. Insbesondere in Klein- und Großstädten boomt die E-Roller Nutzung. Hauptsächlich durch Vermietungswesen im urbanen Fahrgeschäft. Denn die Anschaffung eines schmalen Trittbetts auf zwei Mini-Rädern mit wackeligem Lenkgestänge und einem Ich-bin-dann-mal-schnell-alle-Akku ist relativ teuer. Einen schlappen Tausender muss man schon hinlegen, um einigermaßen Fahrspaß mit einer derart erweiterten Schuhsohle zu erzielen. Und dennoch - eine falsche Lenkbewegung oder eine Unebenheit auf dem Fahrweg zuviel und man liegt auf der Fresse. Warum? Haben wir doch alle in der Schule im Physikunterricht gelernt. Kraft mal Weg mal Zeit. Kleine Räder, große Räder. Das Getriebe, die Übersetzung, die Hebelgesetze.

Krankenhäuser melden mitlerweile binnen kurzer Zeit seit der E-Roller Zulassung ein erhöhtes statistisch messbares Aufkommen an Prellungen, Abschürfungen und Knochenbrüchen infolge des neuen Roller-Booms. In Paris landen gemietete E-Bikes wegen unklar organisierter Verleih-Systeme mitlerweile in der Seine statt ordentlich an den Verleiher zurückgegeben zu werden. Und in den Berliner Innenstadtbezirken mit hohem Touristen- und Hipsteraufkommen stehen und liegen die E-Roller inzwischen fast überall am Gehwegrand herum. Kein Wunder. Nutzer*innen sagen sich im Zweifelsfall spontan - pfeif doch auf die paar Euro Mietpreis - und schmeißen das gemietete Gefährt irgendwo hin, sobald das Fahrziel erreicht ist. Eine geordnete Verleihsituation ist bisher nicht erkennbar. Und die zahlreichen Radfahrer*innen in Berlin, oft mit hohem Tempo unterwegs, müssen nun den lahmen Rollerfahrer*innen ständig ausweichen. Ein neues Jump-and-Run-Game für Zweiradfahrende scheint entstanden zu sein, ganz ohne Spielkonsole im echten Stadtraum. E-Roller - das Kinderspielzeug der Mobilitätswende.

Die zwei großen Zauberformeln im E-Roller Geschäft lauten „letzte Meile“ und „Mobilitätswandel“. Hersteller und Verkehrspolitiker sind der Meinung, dass die verstärkte E-Roller Nutzung ein Beitragssegment zur Reduktion von schädlichen Emissionen im allgemeinen Verkehrswesen sei und letztendlich - wen wundert es - einen Beitrag zur Verhinderung der drohenden Klimakatastrophe liefern. Kurze Wege - die sprichwörtlich letzte Meile - würden nicht mehr mit dem Auto zurückgelegt, sondern mit dem E-Roller. In der zukünftig erhoften Praxis also, Raucher*innen fahren mit dem E-Roller statt mit dem Auto zum nächsten Kiosk oder Zigaretten-Automat und Behördengänger*innen rollern über Altstadtkopfsteinpflaster - im Sekundentakt jeden Ruckimpuls im Lendenwirbel Nummer vier spürend - ins Rathaus, zum Arbeitsamt oder ins Bürgerbüro der Stadt, um dann Formulare auszufüllen. Denn denn das eGovernment funktioniert ja in Deutschland nicht nenneswert.

Einkaufen mit einem E-Roller geht allerdings auch kaum. Eine ökologisch abbaubare Tragetasche mit zwei, drei Kilo Inhalt könnte man sich zur Not noch mittig an die Lenkstange hängen und beim Fahren die Schwerpunktverlagerung durch Lenkbewegungen balstisch ausgleichen. Wehe Sie nehmen noch eine Plastiktüte. Doch so richtig taugt der E-Roller nicht für Einkäufe im nahen Umfeld. Und weite Strecken macht man dann doch lieber altgewohnt mit dem Auto - Wocheneinkauf im Supermarktzentrum in der Pampa.

Was bringen uns nun die E-Roller. Zunächst vorwiegend einen weiteren Hype im Öko-Trend. Ein neues Gadget - tres chic. Der Nutzen ist gering, die Anschaffung teuer und der gesamte Mietbereich eher chaotisch organisiert statt verlässlich geregelt. Und ständig mieten geht dann auch schnell ins Geld.

Nun gut - nichts gegen Fun-Sportarten auf zwei Rädern. Und übrigens - die Zahl der Fahrräder in deutschen Garagen und Kellern ist heutzutage ebenso groß, wie die Einwohnerzahl Deutschlands. Benutzen wir sie doch einfach viel öfter.

E-Roller sind per se nur eine weitere, zusätzlich Strom verbrauchende Anschaffung im Mobilitätsbereich - privat oder geschäftlich im Verleihwesen. Es kommen also unter dem Strich mehr ständig aufzuladende Battereizellen in Umlauf, die ja dann irgendwann wieder entsorgt werden müssen. Es wird noch mehr Energie benötigt, um E-Roller zusätzlich zu allen anderen E-Geräten zu betreiben. Ökobilanztechnisch erhöht sich somit der Energieverbrauch durch die Herstellung, den Kauf und die Anwendung der E-Roller. Und hier stellt sich die Frage der Notwendigkeit im aller besten Sinne des Wortes.

Ist es tatsächlich nötig und notwendig, ein weiteres Gerät mit einem bestimmten Ernergieaufwand in Umlauf zu bringen oder ist hier nicht besser das Suffiziensargument ‚Weniger ist mehr‘ relevant. Ich meine Ja. Ich meine, dass die politisch visionierten Argumente pro E-Roller Einsatz keinen oder nur kaum nenneswerte Wirkungen bezüglich der erkennbar drohenden Klimakatastrophe haben werden. Klimaschutz ist hierbei in jeder Hinsicht nur ein Verkaufsargument ohne echtes Warenversprechen. Green washing par Exelance.

Es war einst Herbert Achternbusch der dies festgestellt hatte, „Es ist ein Leichtes beim Laufen den Boden zu berühren“. Wohl war. Der Mensch ist von Hause aus Fußgänger. Und es gibt enorm viele „letzte Meilen“, die mit körpereigenem Werkzeug gehbar und zurücklegbar sind. Auch mit zwei Tragetaschen in jeder Hand.

Mein Arzt sagt immer bei jeder Vorsorgeuntersuchung seit ich 45 Jahre alt geworden bin, altersgerecht alles OK, aber Sie bewegen sich zu wenig mit dem eigenen Körper. In diesem Sinne - lauft mal wieder mehr.

0711 · EIN KESSEL BUNTES
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