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Ein fremder Passagier auf bekannten Wegen

Neben der im Zellkern gebundenen DNA (Desoxyribonucleinacid) gibt es in unseren Zellen diverse RNA-Formationen (Ribonucleinacid), unter anderem z.B. tRNA (transskriptionsRNA), rRNA (ribosomale RNA) und eben auch die mRNA (messenger (Boten) RNA. Die RNA-Formationen, besser RNA-Sequenzen) befinden sich nicht im Zellkern, sondern im Zell-Plasma bzw. dort in oder an bestimmten Funktionseinheiten einer Zelle (z.B. Ribosomen, Endoplasmatisches Retikulum). Die grundsätzliche Aufgabe der diversen RNA-Sequenzen besteht darin, mittels bio-chemischer Prozesse Proteine innerhalb der Zelle zu erzeugen, um sie selbst funktionsfähig zu halten und vor allem, um die Vitalfunktionen eines komplexen Zellverbundes, der ein spezifisches Körperorgan bildet, zu steuern und kurz geschrieben – am Leben zu halten. Die bei der Protein-Herstellung in den Zellen ablaufenden Prozesse bei der sogenannten Proteinbiosynthese im Zusammenhang mit der mRNA (und anderen RNA-Formationen) sind derartig komplex und kompliziert, dass sie ohne umfangreiche Kenntnisse auf dem Gebiet der Molekular-Biologie nicht verstanden werden können. Deshalb werden hier lediglich für Laien einigermaßen nachvollziehbare Vorgänge im Zusammenhang mit der Anwendung von mRNA Impfstoffen dargestellt. Und selbst das ist nicht einfach.

Der Begriff mRNA Impfstoff ist etwas irreführend, da es sich genaugenommen um eine Impf-Technologie handelt bei der künstlich erzeugte mRNA zur Anwendung kommt. Wie der Name schon sagt, als messenger, als Bote. Die mRNA selbst ist nicht der Impfstoff, sondern dient als Transportmittel. Diese Technologie, mRNA als Transportmittel oder Auslöser für bio-chemische Prozesse zur Bekämpfung von Zell-, Stoffwechsel- und Organ-Erkrankungen zu verwenden, ist das Ergebnis einer schon seit langer Zeit laufenden Entwicklung in der modernen Krebsforschung unter dem Stichwort der molekularbiologischen Zell-Therapie.

Der wesentliche Aspekt besteht also in der spezifischen und gezielten Nutzung von mRNA als Transporter und Lieferdienst für therapeutische Wirkstoffe.

Diese Technologie aus der Krebsforschung wurde bei der Entwicklung der Impfstoffe gegen das SARS-CoV-2 Virus genutzt. Sie wurde nicht erst im Zuge der Impfstoffentwicklung „erfunden“, sondern es ging darum, ein Verfahren zu entwickeln, mit dem sich unter Nutzung der mRNA-Technologie eine Immunreaktion in Zellen per Impfung auslösen lässt. Wäre die mRNA-Technologie nicht bereits gegeben gewesen, hätte sich ein derartiges Impf-Verfahren gar nicht in der kurzen Zeit von knapp einem Jahr entwickeln lassen. Verkürzt dargestellt funktioniert die mRNA Impf-Technologie wie folgt.

Aus dem Inneren der Virushülle (1) wird jene Teil-Sequenz (2) isoliert, die für die bio-chemische Herstellung der Spike-Proteine (3) auf der Außenhülle des Virus zuständig ist. Dieser isolierte Virus-RNA-Abschnitt wird in eine gesonderte künstlich hergestellte mRNA-Sequenz (4) eingebaut. Die fertige und empfindliche mRNA-Sequenz wird schließlich in eine wasserunlösliche Lipidhülle (Lipide sind Fette) gebettet (5), um sie zu schützen und länger haltbar zu machen. Zahlreiche dieser kugelförmigen Lipidhüllen mit eingebetteter mRNA werden schließlich mit anderen unterstützenden Substanzen zum wässrigen Impfstoff (6) vermengt. Ein Nachteil besteht in der nötigen Kühlung des mRNA-Impfstoffes bei minus 70 °C (Comirnaty · BioNTech / Pfizer) und minus 20°C (Spikevax · Moderna) bis zum Moment der Impfgabe (7).


Nebenbei bemerkt erklären sich daraus auch einige Schwierigkeiten, Verzögerungen oder Engpässe bei der Vorratshaltung, Lagerung und Lieferung von mRNA-Impfstoffen. Nach der Impfgabe geschieht in der Zelle folgendes.

Die verimpfte mRNA (8) mit dem viralen Teil-Abschnitt zur Herstellung des Spike-Proteins gelangt über die Blutbahn zur Zell-Hülle. Diese ist nicht hermetisch abgeschlossen, sondern hat in der Zell-Hülle so genannte Rezeptoren (9). Bildhaft ausgedrückt zellulare „Türen“, die mit bestimmten „Schlüsseln“ zu öffnen und zu schließen sind. Auf diesem Weg kommunizieren Zellen bio-chemisch untereinander. Stoffe aus der Nahrung, wie z.B. Aminosäuren gelangen in die Zelle und werden dort (auch dafür sind die zellulären RNA-Formationen zum Großteil zuständig) zu lebenswichtigen Protein-Molekülen (Eiweißketten) zusammengefügt, die dann wiederum im gesamten Stoffwechselprozess zur Versorgung der Zellen, der Organe und der Aufrechterhaltung von mannigfaltigen Körperfunktionen dienen.

Die verimpfte mRNA mit dem viralen Teil-Abschnitt zur Herstellung des Spike-Proteins, eingebettet in die Lipidhülle, wird von den „Rezeptor-Türen“ (fachlich den ACE-2 Rezeptoren) in der Zell-Hülle, als passender „Schlüssel“ zum Öffnen der „Rezeptor-Türen“ erkannt. Und somit gelangt die mRNA mittels bio-chemischer Türöffnungsvorgänge ins Innere der Zelle.

Die Lipid-Hülle wird aufgelöst und die freigewordene mRNA-Sequenz wandert im Zell-Plasma in Richtung bestimmter zellularer Funktionseinheiten – dem Endoplasmatischen Retikulum mit den Ribosomen (10) – eine Art Zapfsäulen zur mRNA-Aufbereitung und Abfüllung.

Hier wird die eingeimpfte mRNA (11) genauso verarbeitet, wie natürliche zelleigene mRNA. Auch dies ist ein ziemlich komplexer Prozess. Dabei wird in den Ribosomen (12) die eingeimpfte mRNA in ihre bio-chemischen Bestandteile zerlegt, wobei der RNA-Teil-Abschnitt aus dem Virus (siehe Grafik weiter oben) nun der tatsächlich beginnenden Herstellung des Spike-Proteins dient (13). In der „Ribosomen-Zapfanlage“ innerhalb der Zelle wird das Spike-Protein als ein normaler und unschädlicher bio-chemischer Stoff behandelt und produziert.

Die restliche mRNA (14) wird in ihre bio-chemischen Bestandteile (so genannte Nucleinbasen) zerlegt und diese verbleiben in der Zelle, die von Natur aus zahlreiche RNA-Bestandteile beinhaltet. Die aktuelle Transportaufgabe der verimpften mRNA – den Teil-Abschnitt der Virus-RNA zur Herstellung des Spike-Proteins einzuschleusen - ist nun abgeschlossen.

Die in den „Ribosomen-Zapfanlagen“ vervielfältigten Spike-Proteine (15) werden (ebenso wie im Falle anderer Proteinbildungsprozesse in der Zelle) über den Weg durch die Rezeptoren von der Zelle abgegeben.

Doch nach dem Verlassen der Zelle werden die vervielfältigten und nun freien Spike-Proteine als Fremdkörper erkannt, als Antigene, die nicht in den allgemeinen Zellhaushalt und Stoffwechsel des menschlichen Organismus gehören. Dem Gesamtorganismus schmeckt hier was nicht und nun beginnt die eigentliche Immunantwort durch bestimmte Mechanismen in anderen speziellen Zellen.

Es werden die so genannten Antikörper zur Bekämpfung des feindlichen Antigens gebildet. T- und B-Zellen, Fresszellen und ähnlich andere „Zell-Soldaten“ (16) machen sich über das virale Spike-Protein her, blockieren es oder vernichten es gänzlich.

Im Zuge dieser Vorgänge machen sich diese kämpferischen Abwehrzellen gewissermaßen mit der feindlichen Bio-Chemie des Spike-Proteins bekannt, „lernen“ den Feind im Abwehrkampf kennen und bleiben aktiv in einem Alarmzustand (17). Für eine gewisse Zeit.

Kommt es nun nach der Impfgabe und dem hier beschriebenen Immunisierungsprozess zu einer SARS-CoV-2 Infektion (18) , so erkennen die bereits alarmierten Abwehrzellen die bio-chemische Konstellation bzw. Struktur des Spike-Proteins auf der Virus-Hülle und machen es unschädlich. Dem Virus wird, um im bereits bemühten Bild zu bleiben, der „Schlüssel“ zum Eintritt durch die „Rezeptoren-Türen“ in der Zellwand aus der Hand genommen. Du kommst hier nicht rein. SARS-CoV-2 muss draußen vor der Tür bleiben.

Ohne Zugang zur Zelle als dem benötigten Wirt mit seinen „Ribosomen-Zapfanlagen“ am Tresen in der Zell-Kneipe, verdurstet und vertrocknet das Virus gewissermaßen. Denn es ist nicht in der Lage, sich aus sich selbst heraus, durch die eigene RNA, zu vervielfältigen.

Mit der mRNA Impf-Technologie und der dadurch ausgelösten Immunantwort durch Abwehr-, Blockade- und Fress-Zellen wird also vorrangig das Spike-Protein, der Schlüssel zum Öffnen des Rezeptoren-Tür-Schlosses in der Hülle der menschlichen Zelle zerstört. Das Virus kann erst gar nicht in die Zelle gelangen, um dort sein vernichtendes Werk zu verrichten.

Das Neue und nahezu Geniale bei dieser Impf-Methode besteht darin, dass nur ein unschädlicher und in seiner Stückelung erheblich funktionsunfähiger Bestandteil der Virus-RNA in die menschliche Zelle transportiert wird, dort dann ein zelleigener Mechanismus genutzt wird und abläuft, der schließlich ein Protein erzeugt, dass ebenfalls keinen Schaden anrichtet und stattdessen unser Immunsystem in allerhöchste Alarmbereitschaft versetzt. DEFCON I, wenn man so will.

Das Ganze mit körpereigenen Mitteln infolge von natürlichen, molekularbiologischen Prozessen, wie sie Tag um Tag in unseren Zellen ohnehin ablaufen. Diese Prozesse im Bio-Science Bereich zu verstehen und medizinisch nutzbar zu machen – das ist der wahre Impf-Durchbruch.

Gegenüber dieser Impf-Technologie sollte man sich nicht verweigern, sondern man sollte sich in Dankbarkeit vor jenen verneigen, die sie uns forschend und umsetzend möglich gemacht haben.


Grundimmunisierung und Auffrischungsimpfung

Abschließend noch ein paar Anmerkungen zum Stichwort Alarmzustand für eine gewisse Zeit. Aktuell entfacht sich eine Diskussion über das Wirkungszeitfenster der mRNA Impfstoffe, besonders im Falle von Comirnaty (BioNTech / Pfizer und Spikevax (Moderna). Teilweise mit einer gewissen Wortklauberei bezüglich der Begrifflichkeit des Boosterns. Plötzlich heißt es immer häufiger, dass die so genannte Booster-Impfung nicht der „Weisheit letzter Schuss“ sei, sondern nur eine Station im gesamten Piks-Szenario. Ein wenig mag das auch damit zu tun haben, dass in Deutschland bei der Anwendung von angelsächsischen Begriffen etwas leicht anders verstanden wird, als unter Engländern und Amerikanern in ihrer Muttersprache.

Booster – der Schub. Was schiebt und schübt denn da? In der Tat muss man feststellen, dass im Zuge der deutschen Impf-Kampagne der Eindruck erweckt wurde, dass mit der Booster-Impfung so etwas wie der Immun-Gold-Standard hergestellt wird. Speziell bei der Ausgestaltung der zunehmend wirrer werdenden 2G-2Gplus-3G-Grauzonen-Test-Sequenzierung-Inzidenz-Verordnungsmaßnahmen in 16 Bundesländern hieß es zunächst vor einigen Wochen noch, die Booster-Population darf fast alles ohne Einschränkungen. Inzwischen gelten auch die Geboosterten fast wieder als Infektionsschleudern. Schon wieder ein Kommunikationsfehler - jetzt nicht mehr wegen Jans Spahn, sondern durch Karl Lauterbach?

Das die mRNA Impfstoffe grundsätzlich eine zeitlich begrenzte Wirkung haben, ist aus biologischer Sicht kein Geheimnis gewesen. Die Erst-Impfung lieferte einen Basis-Schutz (ca. 50%) und stand von Anfang an im direkten Zusammenhang mit der Zweit-Impfung, nach der dann ein Impfschutz von ca. 92% - 95% erreicht wurde. Wie bei anderen Impf-Szenarien mit abgestuften Mehrfach-Impfgaben auch, nennt man das dann die Grundimmunisierung. Im allgemeinen Sprachgebrauch der Politik hieß es im Falle der Zweifach-Impfung jedoch immer, „vollständiger Impfschutz“. Um das „vollständig“ dreht sich nun die Debatte, spätestens ab Spätsommer 2021. Seit dem verstärkten Aufkommen der Omikron-Mutation in Süd-Afrika, die inzwischen ihren „Siegeszug“ rund um die Welt angetreten hat.

Hinzu kommen biologisch-medizinische Studien (die es jedoch auch schon seit längerem gibt), die recht verlässlich die Zeitfenster der Impfstoff-Wirksamkeiten beschreiben. Kurz und knapp zusammengefasst hält sich die Immunisierungswirkung aus den zwei ursprünglichen Impfungen in einem Zeitraum von 6-7 Monaten recht stabil zwischen 92%-95% und 60%-70%, nimmt dann aber vergleichsweise rapide in den folgenden 2, 3 Monaten in Richtung 30% ab. Nach rund 3 Quartalen ist die Antikörperbildung also schon sehr abgeschwächt. Es bedarf einer dritten Stufe der Grundimmunisierung, als dem besseren Begriff gegen über dem Begriff Boostern. Nach 3 Impfgängen der Grundimmunisierung wären dann die vierte sowie folgende Impfungen, dann tatsächliche Auffrischungsimpfungen.

Denn es ist zu vermuten, dass tatsächlich 3 Impfgänge mit mRNA Impfstoffen eine Grundimmunisierung auf einem nötigen und akzeptablen Niveau bewirken und dann in bestimmten (ca. 6-9 Monats-) Rhythmen Auffrischungsimpfungen durchgeführt werden müssen, die dann tatsächlich ein nötiges Niveau zur Bildung von Antikörpern weiter aufrecht erhalten. Solange, bis es weiterentwickelte oder angepasste Impfstoffe mit längeren Wirkungsspektren gibt.

Die Dritt-Impfung hätte demnach schon weit früher als erst ab September / Oktober 2021 auf den Weg gebracht werden müssen. Die nun laufende „Aufholjagd“, so erfolgreich die „Booster-Aktion“ auch verläuft, hinkt dennoch der prognostizierten Ausbreitung der Omikron-Mutation zu sehr hinterher. Wird das ambitionierte Ziel, bis zum 31. Januar 2022 nochmals rund 30 Mio. Personen ein drittes Mal zu impfen erreicht, so wären dann insgesamt seit ca. dem 01. September 2021 zwar rund 60 Mio. Personen dreimal gepikst worden, aber es ist anzunehmen, dass sich im Bereich der rund 20 Mio. noch Ungeimpften bis dahin kaum etwas Nennenswertes in Sachen gesteigerter Impfbereitschaft tun wird, wenn der aktuelle Verweigerungstrend anhält.

Gemäß der hier formulierten Überlegungen und Eingedenk heute noch nicht absehbarer pharmazeutischen Entwicklungen käme hinzu, dass für rund 60 Mio. Personen (und hoffentlich mehr), die im Zuge des 01. 09. 2021 2021 bis 31. 01. 2022 zum dritten Mal geimpft wurden, sukzessiv ab Ende des 2. / Anfang des 3. Quartals 2022, dann eine vierte, die erste wahre Auffrischungsimpfung anstünde.

Nach wie vor kritisch bleibt aber die derzeit immer noch viel zu hohe Zahl der Impfunwilligen. Eine Populationsgruppe von rund 20 Mio. Personen unter denen laut Umfragen und statistischen Erhebungen nur ca. 4% tatsächlich medizinische Gründe für ein Nein zum Impfen geltend machen können.

Zum Jahreswechsel 2022 / 2023 (inklusive einer bis dahin auf den Weg gebrachten Impfpflicht) käme man dann durchaus in einen Zustand der Infektionsbeherrschung bzw. nachhaltigen Eindämmung der Virus-Verbreitung durch Impfgaben. Ein verbleibender Rest hartnäckiger Impfverweigerer dürfte sich durch Infizierung dann immunisiert haben, verstorben sein oder auch Langzeitschäden davongetragen haben.

Die rund um Weihnachten 2023 dann wiedererlangte Freiheit beinhaltet dann das Leben lernen mit dem Virus. Denn verschwunden wird es nicht sein, nachdem die Zoonose einmal vollzogen worden wurde. Es wird zu künftig – je nach noch kommender Impfstoff- und Medikamenten-Weiterentwicklung - Impf-Kampagnen in bestimmten Rhythmen geben müssen. In Deutschland könnte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mit Corona-Generalmajor Carsten Breuer ein solches Szenario schon jetzt auf den Weg bringen. Falls ein lessons learned process in den Reihen der Politik im Zuge der zurückliegenden zwei Jahre Früchte getragen haben sollte.

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