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Kaum vereidigt – schon Gezänk

Wer dachte, die heftigen Querelen zwischen CSU und CDU in Sachen Asyl-, Einwanderungs- und Imigrationspolitik würden sich nach dem Wahlkampf 2017 nun in der GroKo-III-Regierung im Kabinett Merkel IV ab Mitte März 2018 irgendwie einrenken oder gar friedvoll versöhnen lassen, der war entweder naiv oder blauäugig oder beides.

Der Seehofer Horst – jener Zänker aus dem Bundesland der Bajuwaren – gab im Wahljahr 2017 auf der Höhe des Wahlkampfes nach allerlei Extrem-Attaken gegen Angela Merkel und deren CDU als der größeren Schwester-Partei nur deshalb klein bei, weil ihm dämmerte, dass allzuviel Angriffe auf die Kanzlerin letztendlich die gesamte Union im Bundestagswahlkampf 2017 beschädigen würde.

Doch kaum war Merkel erneut zur Kanzlerin gewählt und die Minister vereidigt, da polterte Horst Seehofer wieder los. Nun im Amt als Bundesminister des Inneren, für Bauen und Heimat.

Im Interview mit der BILD, geführt von Franz Solms-Laubach, antwortete Seehofer auf die Frage, „Immer mehr Muslime suchen in Deutschland eine neue Heimat. Gehört der Islam zu Deutschland?“:

„Nein. Der Islam gehört nicht zu Deutschland. Deutschland ist durch das Christentum geprägt. Dazu gehören der freie Sonntag, kirchliche Feiertage und Rituale wie Ostern, Pfingsten und Weihnachten.
Die bei uns lebenden Muslime gehören aber selbstverständlich zu Deutschland. Das bedeutet natürlich nicht, dass wir deswegen aus falscher Rücksichtnahme unsere landestypischen Traditionen und Gebräuche aufgeben.“

Uhps – da war sie wieder, jene Spaltpilz-Rhetorik, die den Islam als Konfession von den Muslimen als den Gläubigen abzutrennen versucht. Die islamgläubigen Menschen „gehören selbstverständlich zu Deutschland“, ihre islamische Glaubensrichtung aber nicht.
Zugleich bemüht Seehofer die, zweifellos prägende, Kraft des Christentums in und für Deutschland, nennt dabei aber nicht tatsächlich prägende Aspekte des christlich-sozialen Wirkens, sondern zählt den freien Sonntag, kirchliche Feiertage sowie Ostern, Pfingsten und Weihnachten als Rituale auf.
Das populistisch-volkstümelnde Kalkül hinsichtlich der Aufzählung christlicher Festtagstermine ist leicht durchschaubar, denn auch Horst Seehofer kennt die seit einigen Jahren höchst überhitzt geführten Diskussionen um diverse Umbenennungen christlich motivierter Veranstaltungen, wie z.B. „Lichtermarkt“ statt Weihnachtsmarkt oder allerlei andere Debatten über muslimische Gebetsräume in Schulen, die Kleiderordnung für muslimische Mädchen im Schwimmunterricht u.ä.m. – von der ewigen Kopftuch-Diskussion ganz zu schweigen.

Kein Wunder also, dass Seehofer plakativ verkürzend auf die Rituale abhebt und damit unterschwellig impliziert, dass der Islam – sobald er als voll anerkannte Konfession - über den derzeitigen Status der Islam-Konferrenz hinaus – in Deutschland als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt wäre, dem deutschen Christentum eben diese Rituale streitig machen würde. Deshalb darf es gemäß Seehofer „aus falscher Rücksichtnahme“, eben erst gar nicht soweit kommen, dass der Islam als inzwischen zweitstärkste Konfession in Deutschland, den Rechtsstatus einer vollwertig anerkannten Religion neben dem Christentum erlangt. Ansonsten liefen wir Gefahr, so Seehofers Schlussfolgerung, „unsere landestypischen Gebräuche und Traditionen aufgeben“ zu müssen. Und schwuppdiwupp war’s das dann mit dem Weihnachtsfest.

An den jüngsten Äußerungen von Horst Seehofer zeigt sich leider nicht zum ersten Mal, dass ein führender Politiker in Deutschalnd schwelende Resentiments, wirre Vorurteile oder an den eigenen Haaren herbeigezogenes Wunschdenken dazu benutzt, das eigene Profil bzw. die öffentliche Profilierung der eigenen Partei in den Mittelpunkt zu stellen, anstatt sachgerecht dazu beizutragen, eine - durchaus im fruchtbringenden Streit - zu führende Diskussion mit konstruktiven Inhalten zu bereichern. Aber nein – Seehofer macht erneut ein Fass auf, dass seit der Rede seines „Unionsbruders“ innerhalb der so genannten Schwesterparteien CDU/CSU und ehemaligem Bundespräsidenten, Christian Wulff, längst weit offen ist und dabei positive Impulse für die gesamtgesellschaftliche Diskussion zwischen Christen und Muslimen in Deutschland hervorgebracht hat. Und es war gut und richtig, dass die Kanzlerin sofort das Wort gegen Horst Seehofer ergriff, um nochmal für Klarstellung zu sorgen. Der Islam gehört zu Deutschland. Punkt.

Klar absehbar dürfte allerdings auch sein, dass sich diese nun endlich gebildete Koalitionsregierung aus CDU/CSU und SPD – kaum ist die Tinte auf den Ernennungsurkunden trocken – am abend- und abendlandfüllenden Thema der Zuwanderungs-, Asyl- und Integrationspolitik ebenso lösungsarm abarbeiten wird, wie schon in der vier Jahren zuvor. Zumindest werden die kommenden Monate bis zur Landtagswahl in Bayern am 14. Oktober 2018 von eben diesem ‚Fischen im rechtsnationalen Teich’ gekennzeichnet sein.

Horst Seehofer macht da weiter, wo er nur aus rein taktischen Gründen im Wahlkampf 2017 mittelfristig aufgehört hat. Wie Ende 2015 und während des Jahres 2016 wird er Angela Merkel vor sich hertreiben – nun noch besser ausgestattet mit der symbolisch täglich schwingbaren Fahne des Heimat-Ministeriums. Sein Anliegen und Auftrag ist klar. Von einer Wolke über der Teresienwiese tönt Franz-Josef Strauß zürnend herunter: „Rechts von der CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben.“

Diesem altbekannten Postulat des einstigen CSU-Patrons Strauß, hat Seehofer im Bundestagswahlkampf 2017 bereits kaum noch Folge leisten können. Auf Bundesebene fuhr die CSU mit 6,2 % ihr schlechtestes Wahlergebnis seit Gründung der Bundesrepublik ein und die AfD sitzt infolge 12,6 % Wählervotum vom Fleck weg im deutschen Bundestag. Irgendwie auch als eine Art „Mir san mir“ Partei, demokratisch legitimiert, wenn auch oftmals undemokratisch agierend.

Wenn die CSU fällt, fällt Deutschland. So nationalbewusst zieht Horst Seehofer, der als Bundesminister weiterhin CSU-Parteivorsitzender ist, stante pede in den bayerischen Landtagswahlkampf. Er wird unter der Parole „Bayern first“ alles daran setzen, die CSU auf Landesebene vor weiterem Niedergang zu bewahren und wieder möglichst stark aufblühen zu lassen. Den Konflikt mit der Kanzlerin nicht scheuend und dabei wohl wissend, dass ihre Zeit gezählt ist. Es wird ein heftiges Treiben werden, um jene einzufangen, die am rechten Rand in Richtung AfD abzudrifften drohen.

Und die AfD selbst? Besser kann es derzeit für Alexander Gauland kaum laufen. Entspannt kann er sich auf seinem Bundestagssitzelement räkeln und auf dem per Schienenführung befestigten Sessel vor und zurück gleiten. Denn er muss die Kanzlerin und ihre Regierung nun nicht selbst jagen. Das übernimmt jetzt Horst Seehofer mit Stößen ins rechte Horn. Die Treibjagd ist eröffnet. Hallali-Hallelujah und Waidmannsheil.

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